Bioeconomy Science Center
Forschung und Kooperation für nachhaltige Bioökonomie
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Internationaler BioSC Workshop „Sustainable solutions for closing nutrient loops in algae“

Am 19. September 2019 fand an der RWTH Aachen zum zweiten Mal ein internationaler BioSC-Workshop zu der Aufarbeitung von Abwässern mit Hilfe von Algen statt. Der Workshop wurde geleitet von Tania V. Fernandez (Netherlands Institute of Ecology, Wageningen), Ladislav Nedbal (Forschungszentrum Jülich/BioSC) und Patrik Jones (Imperial College, London). Unter den rund 50 Teilnehmern waren Algenwissenschaftler u.a. aus Israel, den USA und zahlreichen europäischen Ländern.

Fotos: Forschungszentrum Jülich

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Die Reinigung von Abwässern mit Algen bei gleichzeitiger Rückgewinnung und Nutzbarmachung von Nährstoffen ist ein immer stärker in den Fokus rückendes Thema. Algen können große Mengen z.B. an Phosphat oder Nitrat akkumulieren und haben somit das Potenzial, einerseits landwirtschaftliche Abwässer zu reinigen und andererseits als Stickstoff- und Phosphatdünger eingesetzt zu werden. Bei dem zweiten internationalen BioSC-Workshop zu dieser Thematik wurden zahlreiche Einzelaspekte diskutiert.

Die erste Vortrags-Session stand unter dem Thema „Microalgae-based wastewater treatment“. Tania V. Fernandez (Netherlands Institute of Ecology, Wageningen) stellte ein algenbasiertes Reinigungssystem für menschliche Abwässer vor und ging dabei besonders auf das Problem der Entfernung von Pathogenen, Pharmazeutika und Schwermetallen ein, die nicht mit der Algenbiomasse in die Düngung von Nutzpflanzen gelangen dürfen. Dean Calahan (Forschungszentrum Jülich) präsentierte neue Entwicklungen bei der Algal Turf Scrubber (ATS)-Technologie. Dabei wachsen Algen in Oberflächengewässern auf großen Sieben und werden regelmäßig geerntet. Dadurch werden dem Wasser sehr effizient anorganische Nährstoffe entzogen. Sema Sirin (University of Turku) präsentierte die Co-Kultivierung von Mikroalgen in Treibhäusern. Die Algen verwerten die anorganischen Nährstoffe aus den Abwässern der Gurken-, Tomaten- und Salatproduktion und akkumulieren Lipide, die anschließend für die Produktion von Biodiesel genutzt werden. Ania Escudero (Glasgow Caledonian University) stellte das europaweite Projekt Phos4You vor, das bereits an verschiedenen Standorten die Entfernung von Phosphat aus Abwässern mit Hilfe von Grünalgen implementiert hat.

Die zweite Vortrags-Session stand unter dem Thema „Microalgae physiology“. Alexei Solovchenko (Lomonosov Moscow State University) sprach über die Mechanismen der Aufnahme, Speicherung und Abgabe von Phosphat durch Mikroalgen und ihre genetischen Grundlagen. Peter Mojzeš (Charles University, Prag) und Lu Gao (Forschungszentrum Jülich/BioSC) zeigten die Möglichkeiten der Raman-Spektroskopie für die in situ-Detektion von Phosphat in einzelnen Zellen. Yagut Allahverdiyevy-Rinne (University of Turku) präsentierte eindrucksvolle Arbeiten zur Optimierung der Photosynthese in Algen. Sie stellte außerdem einen Bioreaktor mit auf Nanocellulose immobilisierten Mikroalgen vor, der zahlreiche Vorteile gegenüber der Suspensionskultur bietet, wie geringeren Wasserverbrauch, bessere Ausnutzung des Lichts und hohe Zelldichte. Patrik Jones (Imperial College, London) diskutierte die Kombination der algenbasierten Rückgewinnung anorganischer Nährstoffe mit der autotrophen N2-Fixierung.

Das Thema der letzten Session lautete „Microalgae application“. Jonas Christ (RWTH Aachen) präsentierte ein Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphat aus Rapspresskuchen mit Hefen, die daraus Polyphosphat in Lebensmittelqualität synthetisieren. Ilya Gelfand (Ben Gurion University, Israel) präsentierte die Ergebnisse von Feldversuchen, bei denen Weizen mit Algenbiomasse gedüngt wurde. Sie konnte zeigen, dass diese Düngung mit einer effizienteren Nutzung von Wasser durch die Pflanzen und einer Reduktion von N2O-Emissionen einherging. Ebenfalls an Weizen, der mit Algenbiomasse gedüngt wurde, untersuchte Diana Hofmann (Forschungszentrum Jülich/BioSC) mit Hilfe radioaktiver Isotope die Verteilung des Phosphats aus den Algen in den Wurzeln und im Boden. Im Gegensatz zu mineralischem Phosphat, das schnell an Bodenminerale bindet und dann von der Pflanze nicht mehr aufgenommen wird, wird Phosphat aus Algenbiomasse kontinuierlich über einen längeren Zeitraum freigesetzt und deshalb effizienter von den Pflanzen genutzt. Diana Reinecke-Levi (Forschungszentrum Jülich/BioSC) zeigte verschiedene erfolgreiche Beispiele für algenbasierte Wertschöpfung in ländlichen Gegenden in Europa und in Entwicklungsländern.

Abschließend stellte Holger Klose (Forschungszentrum Jülich/BioSC) das Projekt „Bioökonomie-REVIER Rheinland“ vor, das den durch den Kohleausstieg eingeleiteten Strukturwandel als Chance begreift, im Rheinischen Revier eine regional zusammenhängende Bioökonomie zu etablieren. In diesem Zusammenhang zeigte er verschiedene Implementierungsmöglichkeiten für Algentechnologien in Nordrhein-Westfalen auf. In der Abschlussdiskussion waren sie die Teilnehmer einig, dass bei der Entwicklung von Algentechnologien in Zukunft verschiedene Stakeholder wie z.B. Landwirte, Wirtschaftsvertreter, Zulassungsbehörden und Öffentlichkeit eingebunden werden müssen und dass die Technologien an lokale und regionale Gegebenheiten angepasst werden müssen.