Bioeconomy Science Center
Forschung und Kooperation für nachhaltige Bioökonomie
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Forschung und Kooperation für nachhaltige Bioökonomie

BioSC Lectures und „BioSC im Dialog“ im Sommer und Herbst 2017

In den vergangenen Monaten gab es drei BioSC Lectures. In der Reihe „BioSC im Dialog“ fand zum dritten Mal eine Vorlesung für die interessierte Öffentlichkeit statt statt. Alle Dozenten trafen auf ein interessiertes Publikum, das sich aktiv in die Diskussion einbrachte.

 Am 4. August hielt Dr. Jakob Ley, Direktor für Forschung und Technologie der Symrise AG, am Forschungszentrum Jülich die 18. BioSC Lecture „Inspired by nature - Development of sustainable flavour modifiers“, in der er über seine interdisziplinären Arbeiten zur Entwicklung und Modulation von Aromen und Geschmackskomponenten berichtete. Forschung und Entwicklung an und mit Geschmacksstoffen bieten einen großen Markt mit hohem Potenzial, der auch für die Bioökonomie relevant ist. Seit in den 1950er Jahren Vanillin als erster Aromastoff industriell genutzt wurde, gibt es eine kontinuierliche und rasante Entwicklung bezüglich diverser Geschmacksstoffe und Herstellungsmethoden. In der modernen Geschmacksmittelindustrie basieren 60 % der Rohstoffe zur Aromaherstellung auf natürlichen Substanzen mit steigender Tendenz, 30 % auf Rohöl und 10 % auf anderen Quellen. Aktuell werden 250 – 300 neue Komponenten für Aromen pro Jahr getestet. Die Forschung und Entwicklung an und mit Geschmackstoffen benötigt eine breite Wissensbasis und gesamtheitliche Forschungsansätze, in denen eine enge Zusammenarbeit unterschiedlichster Fachdisziplinen und Technologiebereiche erforderlich ist. Dr. Ley stellte dies anschaulich an Beispielen dar wie etwa der Identifizierung und Entwicklung von Anti-Bitterstoffen aus der Pflanze Yerba santa, bei der in silico-, in vitro- und sensorische Methoden in einem Ansatz kombiniert werden.

Am 7. September gab zum dritten Mal eine Veranstaltung der Reihe „BioSC im Dialog“ für die interessierte Öffentlichkeit, diesmal in Kooperation mit „Forschung im Fokus“ an der HHU Düsseldorf. Im Haus der Universität hielt Prof. Markus Pauly eine interaktive Vorlesung zum Thema „Bioökonomie: Pflanzen als nachhaltige Rohstoffe für Biokraftstoffe“. Er stellte die nachhaltige Nutzung von Pflanzen als Beitrag zur Bewältigung der globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar. Pflanzen sind in der Lage, das Treibhausgas Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen und den Kohlenstoff in anderer chemischer Form zu speichern. Prof. Pauly zeigte auf, wie im Rahmen der Bioökonomie Methoden und industrielle Prozesse entwickelt werden, die es erlauben, Pflanzenmaterial nicht nur als Nahrungsquelle oder Energielieferant zu nutzen, sondern auch in Grundstoffe für die chemische Industrie umzuwandeln, und somit fossile, treibhausgasproduzierende Energieträger wie Öl oder Kohle zu ersetzen.

Am 28. September fand im Rahmen des Jülich Biotec Day die 19. BioSC Lecture mit zwei Vorträgen international renommierter Wissenschaftler statt. Prof. Sang Yup Lee vom Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST), Republik Korea, berichtete über aktuelle Entwicklungen und Trends beim "Systems metabolic engineering“ für eine biobasierte Produktion von Chemikalien. Mit Hilfe dieses Systems konnte bereits eine Vielzahl von Produktionsverfahren etabliert werden. Diese finden Anwendung sowohl im Gesundheits- und Ernährungsbereich (z.B. bakteriell produzierte pflanzliche Sekundärmetabolite), im Energiebereich (Produktion von Kraftstoffen in E. coli) als auch in der Chemie, wo erstmals eine Nylon-Vorstufe von Bakterien erzeugt werden konnte, die bisher nur auf chemischen Weg hergestellt werden konnte . Mit Hilfe eines so genannten „in silico- genome-scale metabolic“-Modells können mittlerweile multigene Bakterienstämme für verschiedene Zielprodukte innerhalb einer Woche optimiert werden.

In zweiten Vortrag gab Prof. Francis H. Arnold vom California Institute of Technology (Caltech), USA, einen Einblick in „Innovation durch Evolution: Neue Chemie zum Leben erwecken“ („Innovation by evolution: Bringing new chemistry to life“). Fasziniert von der Evolution, hat Prof. Arnold ihre Forschungsarbeiten seit vielen Jahren auf die gerichtete Evolution von Enzymen mit Hilfe von Protein-Design-Methoden ausgerichtet. Diese Methoden spielen auch eine wesentliche Rolle in der Bioökonomie, in der chemische Synthesewege durch umweltfreundlichere enzymatische Synthesen ersetzt werden sollen. Als Beispiel für das in der Natur vorhandene Potential der Substratanpassung stellt Prof. Arnold am Fall des Herbizids Atrazin vor, das als nicht abbaubar galt und sich in Böden anreicherte, bis 1993 ein schneller enzymatischer Abbauweg entdeckt wurde. Auch der bakterielle Abbau von Plastik ist durch evolutionäre Anpassung des Stoffwechsels und seiner Enzyme zu erklären. Prof. Arnold macht sich dieses Potenzial zunutze, in dem sie mit Hilfe der gerichteten Evolution und des Enzymdesigns geringfügige vorhandene Enzymaktivitäten für die gewünschten Reaktionen erhöht oder neue Aktivitäten erzeugt und diese selektiert und optimiert. Die gerichtete Evolution von Enzymen birgt ein vielfältiges Potenzial für neue Anwendungen in der Chemie-, Pharma-, Papier-, Leder- und Textilindustrie.