Forschen • Ausbilden • Vernetzen
Für eine nachhaltige Bioökonomie

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Plastic and sustainable bioeconomy - How does that fit?

BioSC International Summer School 2023
8.-12. Mai 2023
RWTH Aachen | Forschungszentrum Jülich

Die BioSC International Summer School 2023 fand vom 8.-12. Mai im Invention Center Aachen mit Teilnehmern aus der ganzen Welt und Dozenten der unterschiedlichsten Disziplinen statt. Es wurden zahlreiche Aspekte des Themas Plastik beleuchtet, von der Gewinnung verschiedener Monomere aus unterschiedlichen biobasierten Ressourcen über die Polymerisierung bis hin zum Abbau der Polymere und der Wiederverwertung der Monomere mit chemischen und biologischen Systemen. Auch die Problematik von Plastik als Müll in der Umwelt, im Abwasser und in Müllentsorgungssystemen wurde adressiert.

Programm

Die Summer School startete am Montag mit einer umfangreichen Einführung von Prof. Lars Blank und Prof. Nick Wierckx. Mit dem Satz von Lars Blank: „If you use plastic, you will lose plastic“ war das Grundproblem umrissen: Die Recyclingrate von Plastik ist viel zu niedrig und riesige Mengen gelangen unkontrolliert in die Umwelt. Sortenreiner Plastikabfall kann einer neuen Nutzung zugeführt werden, problematisch sind aber nach wie vor Plastikgemische. Nick Wierckx machte deutlich, dass Kunststoffe Polymere sind und der Abbau von Polymeren durch biologische Systeme grundsätzlich möglich ist, wie die Beispiele von Cellulose und Lignin zeigen. Die aktuelle Forschung verfolgt den Ansatz, gezielt Organismen und Enzyme für den Abbau von Kunststoffen zu evolvieren.

Am Nachmittag stellte Dr. Harald Ruijssenaars von der Firma Corbion die Produktion verschiedener biobasierter Kunststoffe vor, die z.T. bereits konkurrenzfähig zu erdölbasierten Produkten hergestellt werden können. Prof. Nick Wierckx erläuterte anschließend, dass biobasierte Kunststoffe nur dann zukunftsfähig sind, wenn mit ihnen eine wirkliche Kreislaufwirtschaft etabliert werden kann. Am Beispiel von Pseudomonas putida zeigte er anschaulich die Entwicklung von Mikroorganismen für das Bio-Upcycling von Plastikhydrolysaten. Dr. Stephan Noack stellte die Bedeutung der Prozessoptimierung für eine CO2-neutrale und nachhaltige Produktion dar. Einen entscheidenden Beitrag können hier automatisierte Systeme mit einem hohen Durchsatz bei der Produktionsstamm-Optimierung und -Phänotypisierung leisten.

Am Dienstagvormittag gab zunächst Prof. Andreas Jupke einen Überblick über die verschiedenen Schritte bei der Herstellung von Biokunststoffen und die damit verbundenen Problematiken. Aktuell ist der Anteil von Bioplastik an der Gesamtplastikproduktion noch verschwindend gering und auch die Nutzung biobasierter Rohstoffe liegt nur bei ca. 10% - häufig deshalb, weil die Prozessschritte noch nicht optimiert und daher nicht kompetitiv sind. Die großen Herausforderungen sind hier: Nutzbarkeit von Non-Food-Biomasse und Reststoffströmen, Produktionsstammentwicklung für die Hochertragsproduktion, Zero-Waste-Prozesse und Skalierbarkeit der Produktionsprozesse. Die genannten Herausforderungen wurden in den folgenden drei Beiträgen von Prof Nick Wierckx, Katharina Saur und Tabea Helm am konkreten Beispiel der Itaconsäureproduktion mit Ustilago maydis adressiert.

Am Dienstagnachmittag standen chemische Prozesse im Fokus. Prof. Sonja Herres-Pawlis wies in ihrer Einführung darauf hin, dass bei „Bioplastik“ zwischen biobasierten und biologisch abbaubaren Kunststoffen unterschieden werden muss und dass Polylactid (PLA) beide Eigenschaften in sich vereint. Sie berichtete über die Entwicklung neuartiger chemischer Katalysatoren, die die Polymerisation von Lactid deutlich beschleunigen und die Eigenschaften des entstehenden Polymers kontrollierbar beeinflussen, aber auch zur chemischen Depolymerisation eingesetzt werden können. Abgerundet wurde der Nachmittag mit einer Laborführung, bevor man sich abends zum Networking Dinner in der Aachener Altstadt traf.

Der Mittwoch war ein Labortag in den Instituten von Prof. Lars Blank und Prof. Ulrich Schwaneberg. Dominik Steffens (AG Blank) leitete Versuche zur Isolation und zum Abbau von Kunststoffen mit Bakterienstämmen, bei dem die Summer School-Teilnehmer selbst im Labor Hand anlegen konnten. Dr. Francisca Contreras und Dr. Yu Ji (AG Schwaneberg) führten in die Möglichkeiten der Identifizierung und Sortierung von Mikro- und Nanoplastik mit Hilfe von spezifischen fluoreszenzmarkierten Peptiden ein und begleiteten die Teilnehmer zu Demonstrationsversuchen.

Am Donnerstag ging es zunächst um das Thema Plastikmüll. Prof. Jürgen Pettrak stellte dar, dass Mikroplastik im Abwasser in Deutschland zum größten Teil mit den Klärschlämmen sedimentiert wird. Trotzdem gelangen noch erhebliche Plastikmengen in den Wasserkreislauf. Insbesondere dann, wenn Regenwasser und Haushaltsabwässer über dasselbe System geleitet werden, führen Starkregen immer wieder zur Systemüberlastung. Weltweit ist die Plastikbelastung der Meere enorm und es haben sich bereits riesige Plastikinseln gebildet.

Kevin Carl adressierte das Thema der thermischen Behandlung von Plastikabfällen. Große Mengen von Plastikmüll werden nach wie vor verbrannt, was bei medizinischen Abfällen schon aus hygienischen Gründen weiterhin notwendig sein wird. Aber auch industrielle Kunststoffabfälle, wie sie etwa bei der Fahrzeugverwertung anfallen, werden aufgrund ihrer Komplexität und vieler Kontaminanten noch sehr lange thermisch entsorgt werden müssen. Das Ziel muss hier sein, Wärme und Strom zu gewinnen sowie die Freisetzung von Rauchgasen und toxischen Substanzen, wie sie etwa durch Additive entstehen, optimal zu verhindern.

Beim Thema Life Cycle Assessment (LCA) am Nachmittag konnte Prof. Grit Walther eindrücklich klarmachen, wie komplex eine ökonomische, soziale und ökologische Bewertung von Produkten und Herstellungsprozessen ist. Sämtliche Schritte der Herstellung inklusive der Einzelkomponenten, des Transports, der Nutzung und der Entsorgung müssen berücksichtigt werden. In selbst durchgeführten und von Veis Karbassi (AG Walther) angeleiteten LCA-Analysen mit spezifischer Software und Datenbanken konnten die Teilnehmer erfahren, wie groß die Varianz der Einflussgrößen ist und welche Relevanz die Ausgangsfrage für die LCA-Analyse hat.

Der letzte Tag war der Gruppenarbeit und Zusammenfassung des Gelernten gewidmet. Die Teilnehmer erarbeiteten in Kleingruppen Vorträge zu ökotoxikologischen Aspekten von Mikro- und Nanoplastik, der Nutzung von CO2 zur Herstellung von biobasierten Kunststoffen sowie dem CO2-Fußabdruck, der Nutzung von Lignocellulose als Rohstoff und den Arten von Kunststoffen und ihren Vor- und Nachteilen. In der Abschlussdiskussion wurde ein klarer Auftrag an die Politik formuliert, durch restriktive Regulation, aber auch durch Anreize zur Entwicklung einer biobasierten und nachhaltigen Plastiknutzung beizutragen.

Die Rückmeldungen zur Summer School waren durchweg positiv. Die Teilnehmer sagten, dass sie sehr profitiert hätten, sowohl von der Bandbreite der Themen als auch von der inhaltlichen Tiefe. Lediglich für die Gruppenarbeit hätte man sich mehr Zeit gewünscht. Insgesamt war die Veranstaltung ein voller Erfolg. Erste Planungen für eine BioSC Summer School 2024 laufen bereits.

Fotos: Forschungszentrum Jülich