Forschen • Ausbilden • Vernetzen
Für eine nachhaltige Bioökonomie

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Für eine nachhaltige Bioökonomie

Maßgeschneiderte Produktaufarbeitung und Ökobilanzen für biobasierte molekulare Vorstufen

Elektrifiziertes Downstream Processing für organische Säuren
Ein vermeintlicher Nachteil des ausgewählten Organismus Corynebacterium glutamicum für die mikrobielle Produktion organischer Säuren ist, dass diese notwendigerweise unter neutralen pH-Bedingungen ablaufen muss. Das anschließende Downstream Processing beinhaltet daher traditionell mehrere pH-Wert Anpassungen durch Zugabe von Säuren und Basen. Dies führt zu einer hohen Nebenproduktion von Neutralsalzen mit negativen ökonomischen und ökologischen Auswirkungen. Durch elektrochemische Regulierung des pH-Wertes mittels Wasserspaltung kann dieser hohe Salzgehalt jedoch vollständig vermieden werden. Das zugrundeliegende elektrochemische "Power-to-Purity"-Prozesskonzept wurde von den Partnern an der RWTH Aachen entwickelt und im Rahmen von "HyImPAct" für die Trennung verschiedener organischer Säuren angepasst und optimiert (Abb. 1).

Das Downstream-Konzept sieht zwei Elektrodenreaktionen vor: Zum einen die elektrochemisch induzierte Kristallisation in der Nähe der Anode (Gl. 1). Hier wird der pH-Wert durch H+-Produktion abgesenkt, was die Kristallisation der gewünschten organischen Säure ermöglicht. Zum anderen die elektrochemische Neutralisation in der Nähe der Kathode, wo der pH-Wert aufgrund der OH- Produktion ansteigt (Gl. 2).

 

Anode:                                         2 H2O -> O2 + 4 e-                         (1)     

Kathode:                                      4 H2O + 4e- -> 2 H2 + 4 OH-      (2)    

 

Diese beiden Reaktionen ermöglichen die in situ Abtrennung der angestrebten organischen Säure und die gleichzeitige Pufferung der biotechnologischen Produktion auf ihren optimalen pH-Wert. Nach der pH-neutralen Fermentation erfolgt die Kristallisation der organischen Säure in einer Anodenreaktionskammer. Danach werden die Kristalle von der Lösung abgetrennt und die verbleibende Lösung wird in die Kathodenreaktionskammer überführt, wodurch der pH-Wert eingestellt wird, um den pH-Wert in der Fermentation zu kontrollieren (Abb. 1).

 Im Rahmen von HyImPAct haben wir erfolgreich die Machbarkeit des elektrifizierten Downstream Processing für die organische Säure Bernsteinsäure und die aromatische Säure Protocatechuat demonstriert.

Abb.1: Elektrochemisches power-to-purity-Prozesskonzept für die Abtrennung von biotechnologisch hergestellten organischen Säuren (OA). Links: Prozessschema, 1) pH-neutrale Fermentation, 2) Zellseparation, 3) Low-pH-Kristallisation, 4) Produktabtrennung und 5) elektrochemisches pH-Management für die Biotransformation (neutraler pH-Wert). Rechts: biobasierte Bernsteinsäurekristalle nach dem Downstream Processing.

Ökobilanz der Herstellung von biobasierter Bernsteinsäure aus Maisstroh
Mit der Methodik der Life Cycle Assessment (LCA) bzw der Erstellung der Ökobilanz wurden die Umweltauswirkungen der in Deutschland produzierten biobasierten Bernsteinsäure aus auf Grundlage von Maisstroh untersucht. Trotz fehlender Daten, begrenzter Prozessinformationen und Unsicherheiten beim Upscaling konnte eine ex-ante-Bewertung von drei biotechnologischen Prozessen durchgeführt werden. Konkret wurden Prozessdaten von zwei Produktionsprozessen für Bernsteinsäure im Labormaßstab, unter Verwendung der C. glutamicum ISO- und WMB-Stämme, mit den im ehemaligen BOOST FUND-Projekt "BeProMod" simulierten optimalen Produktionsprozessen verglichen. Das Ergebnis dieser Untersuchung zeigte eine Reihe von Potenzialen und Einschränkungen in einem frühen Entwicklungsstadium und erlaubt es, Empfehlungen für Prozessverbesserungen abzuleiten.

Die gesamte Wertschöpfungskette wurde in drei Subsysteme unterteilt: Produktion der 2nd generation Biomasse, Transport und material production. Die material production umfasst dabei sowohl die notwendige Vorbehandlung der Biomasse als auch die biotechnologischen Prozesse zur Herstellung biobasierter Bernsteinsäure inclusive Produktaufarbeitung. Eine Produktion in Deutschland innerhalb einer einzigen Anlage, sowie der Einsatz erneuerbarer Energien zur Strom- und Biogas zur Dampferzeugung wurden dabei vorausgesetzt. Als lokal verfügbarer Rohstoff wurde Maisstroh verwendet.

Abb.2: Ökobilanz für biobasierte Bernsteinsäure aus Maisstroh im Vergleich zur fossilen Produktion. Drei verschiedene industrielle Verfahren zur Vorbehandlung der Biomasse wurden mit Hilfe der IHS Markit Datenbank analysiert: Ammoniak-Faserexplosion (A.F.E.X.), Dampfexplosion (S.E.) und Organosolv (O.).

Die Ergebnisse zeigen, dass alle drei biotechnologischen Ansätze - für fast alle ausgewählten Arten der Biomasse-Vorbehandlung – ein geringeres global warming potential (GWP) haben als die derzeitige industrielle Produktion von Bernsteinsäure auf Basis fossiler Rohstoffe (CO2-Äquivalent von 3,25 kg). Die Ökobilanz biobasierter Bernsteinsäure profitiert davon, dass der in der Bernsteinsäure gebundene biogene Kohlenstoff (1,49 kg CO2 pro kg biobasierte Bernsteinsäure) vom berechneten gesamten GWP abgezogen werden kann . Daher wird die Kohlenstoffspeicherung als negativer Wert dargestellt. Die in den entwickelten Prozessen anfallenden Nebenprodukte wirken sich aufgrund ihrer weiteren Verwertbarkeit im Verlauf der Wertschöpfungskette ebenfalls positiv auf die Ökobilanz aus. Das simulierte optimale Produktionsszenario für Bernsteinsäure schneidet erwartungsgemäß am besten ab (mit einem CO2-Äquivalent von 1,47 kg) und dient damit als Grundlage für die weitere Optimierung der entwickelten Bioprozesse im Labormaßstab.

Beteilligte Core Groups

Prof. Wolfgang Wiechert
Dr.-Ing. Stephan Noack
Prof. Dörthe Rother
Mohamed Labib
Christian Brüsseler
Laura Grabowski
Kevon Mack
Douglas Weber
Jochem Gätgens
IBG-1 Biotechnology
Forschungszentrum Jülich

Prof. Andreas Jupke
Moritz Doeker
Christian Kocks
Thomas Fuchs
AVT - Fluid Processing
RWTH Aachen University

Prof. Grit Walther
Dr. Angel Merchán
Michael Wolff
Operations Management
RWTH Aachen University

Prof. Michael Bott
Prof. Jan Marienhagen
IBG-1 Biotechnology
Forschungszentrum Jülich