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Für eine nachhaltige Bioökonomie

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8. NRW Doktorandentag "Future bioeconomy"

Biomass as feedstock: Limitations, Challenges, Chances  

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Der 8. NRW-Doktorandentag fand am 25. Oktober 2023 mit rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Neuss statt. Promovierende aus ganz NRW aus unterschiedlichsten Disziplinen nahmen die Gelegenheit wahr, sich auszutauschen und zu vernetzen, sowohl mit den Sprecherinnen und Sprechern als auch untereinander. Die Vortragenden berichteten sehr realitätsnah zu den Herausforderungen und Hindernissen bei der Transformation von fossilen zu biobasierten Rohstoffen. Dabei wurden verschiedene Blickwinkel und Bewertungen bezüglich der Erzeugung, Verfügbarkeit und Nutzung von Biomasse deutlich.

Nach dem Grußwort von Margarete Beye vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW folgten die ersten beiden Vorträge des Tages aus dem Themenbereich der Biomasseerzeugung und -verteilung. Prof. Ralf Pude (INRES Nachwachsende Rohstoffe, Universität Bonn) stellte eindrücklich das Potential mehrjähriger Pflanzen zur Biomasseerzeugung sowie die verschiedenen Möglichkeiten zur Nutzung der gesamten Pflanze dar, bei gleichzeitiger Berücksichtigung ökologischer und landschaftsgestalterischer Aspekte. Dabei wurde deutlich, dass es sehr lange Zeit benötigt hat, solche „Multiple-Use“-Pflanzen im Anbau und in der Nutzung zu etablieren. Marina Billinger von LEROMA zeigte auf, dass für eine Reststoff-freie Kreislaufwirtschaft die Nutzung jeglicher verfügbarer Biomasse nötig ist, und stellt mit ihrem Unternehmen eine B2B-Plattform zur Verfügung, die verfügbare „Rest“-Biomasse aus der Lebensmittelindustrie an mögliche Nutzer vermittelt. Hier wurde die Bedeutung von Logistik und Datenmanagement für die Bioökonomie deutlich.

In der zweiten Session waren mit Dr. Thomas Vössing von Covestro und Dr. Salvatore La China von dem Startup BIOWEG zwei Sprecher von sehr verschiedenen Unternehmen in der Polymerherstellung vertreten. Thomas Vössing zeigte am Beispiel des Herstellungsprozesses von Anilin die Umstellung von Rohöl auf Zucker als Ausgangssubstrat und die damit einhergehenden Herausforderungen. Er machte deutlich, dass für die Transformation großer Chemiekonzerne in Richtung CO2-Neutralität nicht nur das Ausgangsmaterial, sondern auch die Prozessgestaltung, die Vermeidung von Reststoffen, das Recycling sowie die Nutzung erneuerbarer Energien für die teilweise sehr energieaufwändigen Prozesse eine wesentliche Rolle spielen. Im Anschluss berichtete Dr. Salvatore La China von der Entwicklung neuartiger Polymere auf Basis von Cellulose, welche Mikroplastik in den unterschiedlichsten Anwendungen ersetzten soll. Hier geht es also nicht um den Ersatz fossiler durch biobasierte Rohstoffe für einen etablierten Prozess, sondern um die Entwicklung ganz neuer Produkte, bei denen Wiederverwertbarkeit und Abfallvermeidung von vornherein mitgedacht werden.

In der letzten Session zeigte zunächst Dr. Harald Ruijssenaars von Corbion am Beispiel der Herstellung verschiedener neuer biobasierter Kunststoffe aus Milchsäure, welche Prozessschritte kritisch sind für die Wirtschaftlichkeit. Darüber hinaus wurde deutlich, wie sehr die Wirtschaftlichkeit auch von den Rohstoffpreisen, konkret Zucker im Vergleich zu Rohöl, beeinflusst wird. So konnten sich auch gut etablierte Herstellungsprozesse auf Grundlage anderer biobasierter Monomere wie Succinat bisher nicht am Markt durchsetzen. Ronja Hermanns von Carbon Minds beleuchtete anschließend den Umstand, dass bei der Bestimmung des CO2-Fußabdrucks der Herstellung von Chemikalien die direkten Emissionen des Herstellungsprozesses zwar einen substanziellen Einfluss haben, die „versteckten“ Elemente wie die Erzeugung der Ausgangsmaterialien und die damit einhergehenden Herstellungs-, Prozessierungs-, Transport-, Abfall- und Energiekosten jedoch ebenfalls einbezogen werden müssen. Für solche Berechnungen ist eine große Datenbasis zu den beteiligten Prozessen nötig. Erschwert wird sie durch starke lokale Einflüsse. Es macht einen erheblichen Unterschied, in welchem Land etwa die Ausgangsbiomasse erzeugt und verarbeitet wurde.

In der abschließenden Podiumsdiskussion wurde von den Sprechern durchaus kontrovers diskutiert, ob die zur Verfügung stehende Biomasse für alle geplanten und wünschenswerten Anwendungen ausreicht. Auch wurde die Notwendigkeit von politischen Vorgaben einerseits und gesetzlichen Einschränkungen andererseits adressiert. So öffnen Verbote von Mikroplastik etwa in Kosmetik die Märkte für neue biobasierte Produkte.

Die Doktorandinnen und Doktoranden hatten in den Pausen ausgiebig Gelegenheit, sich untereinander zu vernetzen, mit den Sprecherinnen und Sprechern ins Gespräch zu kommen und Fragen zu den vorgestellten Prozessen und Innovationen sowie zu beruflichen Perspektiven und persönlichen Erfahrungen und Karrierewegen zu stellen. Damit hat der NRW-Doktorandentag auch in diesem Jahr sein Ziel erreicht.

                                        

Fotos: Forschungszentrum Jülich