Holz als innovativer Rohstoff und Werkstoff stand im Mittelpunkt des 9. BioSC Spotlight am 5. März 2024 im NGP2-Center for Next Generation Processes and Products der RWTH Aachen. In einem rund 50-köpfigen Auditorium diskutierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem BioSC sowie externe Expertinnen und Experten aktuelle Entwicklungen für eine holzbasierte Bioökonomie.
Die holzbasierte Bioökonomie ist sowohl ein Partner als auch ein Schlüsselelement einer Kreislaufwirtschaft und wird aktuell zu einem Impulsgeber für Branchen, die mit der Verfügbarkeit von Rohstoffen konfrontiert sind, wie beispielsweise das Baugewerbe, die Textilproduktion sowie die Zellstoff- und Papierindustrie. Innovative Anwendungen, bei denen Holz als Werkstoff eingesetzt wird, tragen zur Transformation dieser Industriesektoren bei. Den Anbau und die Nutzung von Holz wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltig zu gestalten ist ein wichtiges Handlungsfeld für die Entwicklung neuer Wertschöpfungsketten. Dieses Themenspektrum wurde beim 9. BioSC Spotlight “The Bioeconomy of Wood” beleuchtet.
Nach der Begrüßung durch Ulrich Schurr (Forschungszentrum Jülich, IBG-2), Sprecher des Geschäftsführenden Direktoriums des BioSC, stellte Jörn Viell (RWTH Aachen) die Aachener Verfahrenstechnik vor und ging insbesondere auf die Möglichkeiten der NGP2-Forschungsbioraffinerie ein, die Hochskalierung von Prozessen in den Produktionsmaßstab zu unterstützen, welche oftmals eine große Hürde für den Markteintritt biobasierter Innovationen darstellt.
Die Keynote Lecture von Andreas Kleinschmit von Lengefeld (Homo Silvestris Europae) führte in das Thema des BioSC Spotlights ein. Der international renommierte Forst- und Holzexperte gab einen Überblick über die Wald-Ökosysteme in Europa und erläuterte die Notwendigkeit, sie proaktiv hin zu mehr Resilienz und Biodiversität zu entwickeln. An ausgewählten Beispielen diskutierte er die Perspektiven für eine Dekarbonisierung des Bauens durch die Verwendung von Holz.
In der Session “Raw materials and processing” stellte Alessandra Operamolla (Università di Pisa, NanoLeaves Lab) innovative Verwendungen von Polymeren aus lignocellulosehaltiger Biomasse in der Materialforschung und -entwicklung vor, beispielsweise den Einsatz nanokristalliner Cellulose für die Konservierung historischer Druckerzeugnisse. Tobias Meckel (TU Darmstadt, Macromolecular and Paper Chemistry) sprach über hochauflösende Fluoreszenznanoskopie zur Untersuchung von Zellwandpolysacchariden in Papier. Jimena Martinez Diaz und Leonie Schoofs (Forschungszentrum Jülich, IBG-2) präsentierten ihre Promotionsarbeiten zum Einfluss der Lignocellulosezusammensetzung von Pappelholz auf den Zucker,- Lignin,- und Celluloseertrag beim OrganoCat-Aufschluss und zur Optimierung von OrganoCat-Prozessen für die Ligninextraktion (BioSC-Projekte AP3, PREDIG und LignoTex).
Mit einer weiteren Promotionsarbeit startete die Session “Innovative Products”. Xiuli Wang (TU Delft, Biobased structures and materials) berichtete über das Bauen mit lebenden Bäumen, die durch Ausnutzung adaptiver Wachstumsvorgänge dazu gebracht werden, an bestimmten Stellen zusammenzuwachsen und auf diese Weise größere tragfähige Strukturen zu bilden. Die gezielte Verwendung von gewachsenen Holzstrukturen wie Astgabeln war eines der Beispiele von Dennis Grizman (RWTH Aachen, Lehrstuhl f. Tragkonstruktionen) für das Bauen mit natürlichen Materialien. Sascha Schriever (RWTH Aachen, ITA) berichtete über das BioSC-Projekt LignoTex, das auf die Herstellung ligninbasierter Textilfasern aus lignocellulosehaltiger Biomasse abzielt. Schließlich stellte Peter Bekaert die Modellfabrik Papier vor, die mit Unterstützung zahlreicher Stakeholder aus Akademia und Papierindustrie anstrebt, neue Verfahren für eine umweltfreundliche Papierproduktion zu entwickeln.
Im Anschluss an die Vorträge gab es die Möglichkeit, die NGP2-Forschungsbioraffinerie zu besichtigen. Damit endete eine vielseitige und informative Veranstaltung, in der über den gesamten Tag ein engagierter Austausch in einem interdisziplinären Auditorium stattfand.
Fotos: Forschungszentrum Jülich