Forschen • Ausbilden • Vernetzen
Für eine nachhaltige Bioökonomie

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Für eine nachhaltige Bioökonomie

Neue Plattformen für die mikrobielle Produktion bioaktiver Terpene

Terpenoide sind eine der größten und diversesten Naturstoffklassen. Sie werden im ganzen Stammbaum des Lebens aus C5-Isopreneinheiten durch Elongation aufgebaut und durch Terpensynthasen zu einer Fülle an unterschiedlichen Strukturen zyklisiert. Insbesondere Pflanzen, aber auch Pilze scheinen eine Vielzahl unterschiedlicher Terpen-Verbindungen mit spezifischen ökologischen Funktionen evolviert zu haben. Aufgrund dieser Bioaktivitäten sind sie teils als Natur-inspirierte Wirkstoffe etwa im Pflanzenschutz anwendbar. Um Zugang zu dieser biochemischen Reichhaltigkeit zu erhalten, ist daher die nachhaltige Gewinnung von Terpenoiden in mikrobiellen Wirten ein Thema in der heutigen Biotechnologie.

Wir haben deshalb das Bakterium Rhodobacter capsulatus und den Pilz Ustilago maydis als mikrobielle Terpen-Produktionswirte entwickelt, um gut-etablierte Plattformen wie Saccharomyces cerevisiae und Escherichia coli zu komplementieren. Das Bakterium R. capsulatus ist in der Lage, atmosphärisches CO2 und N2 zu fixieren und kann im Labor oder auch im größeren Maßstab kultiviert werden und dabei Sonnenlicht als Energiequelle nutzen. Es kann eine stark vergrößerte intrazytoplasmatische Membran ausbilden, die eine besonders geeignete Umgebung für Membran-gebundene Enzyme und hydrophobe Produkte des Terpenoid-Biosynthesewegs bieten könnte. Durch Anwendung Wirts-spezifischer Expressions-Werkzeuge haben wir den intrinsischen Metabolismus gezielt für die Terpenbildung adaptiert und zudem einen zweiten Weg zur Bereitstellung der nötigen C5-Bausteine eingebracht. Dies hat es ermöglicht, ein individuell optimales Isoprenoid-Level für unterschiedliche Terpensynthasen einzustellen und so die Produktion von Sesquiterpenen wie (+)-Valencen und (‑)‑Patchoulol, sowie Di-, Tri- und Tetraterpenen mit Titern bis über 0,1 g/L zu erreichen. Somit unterstreichen unsere Arbeiten, dass Rhodobacter Spezies als mikrobielle Zellfabriken für die Produktion von Terpenen dienen können.

Abb. 1: Etablierung der Terpenoid-Produktion im Bakterium Rhodobacter capsulatus.

Der Pilz U. maydis ist ein Verwandter der Hutpilze, der im Labor Hefe-artig kultiviert und genetisch manipuliert werden kann. Trotz seiner biotechnologischen Relevanz und langjähriger Forschung stehen bislang aber nur wenige der Fortschritte im Sinne der synthetischen Biologie als Werkzeuge für Ustilago zur Verfügung. Daher haben wir eine vielfältige molekulare „Werkzeugkiste“ synthetisch-biologischer Elemente für den Pilz etabliert. Hierunter sind genetische Elemente für die multiplex-Expression von Genen sowie quantitative Reporter bis hin zu chemisch induzierbaren Systemen und den ersten optogenetischen Tools. Weiterhin haben wir U. maydis Stämme für die Produktion großer Mengen an Glykolipiden entwickelt, die zu dessen nativem Biosynthese-Repertoire gehören und als bioaktive und tensidische Verbindungen relevant sind. Um erstmals die rekombinante Terpenoid-Produktion in dem Wirt zu etablieren haben wir die intrinsische Bildung von Carotinoiden als Farbindikator der Isoprenoid-Level genutzt. Dies ermöglichte das Auslesen des Effekts von Anpassungen im Isoprenoid-Metabolismus und vom Einbringen heterologer Terpenoid-Wege. So konnten wir (+)-Valencen und α-Cuprenen durch Expression von Synthasen aus einer Pflanze bzw. einem Pilz produzieren, wobei der Titer des Pilz-Produkts auf ca. 0,1 g/L geschätzt werden konnte und damit wesentlich höher war. Somit haben wir erstmals demonstriert, dass U. maydis als vielversprechendes neues Chassis für die Terpenoid-Produktion dienen kann. Zudem haben wir Extrakte von Fruchtkörper-bildendenden Pilzen im Hinblick auf eine antifungale Bioaktivität untersucht. Dabei wurde das neue antifungale Polyin Feldin aus dem Leberreischling Fistulina hepatica identifiziert. Interessanter Weise zeigte der verwandte Pilz U. maydis eine erhöhte Resistenz gegenüber Feldin. Dies bildet die Grundlage um U. maydis als zukünftigen Produktionswirt einzusetzen.

Abb. 2: Etablierung der Terpenoid-Produktion im Pilz Ustilago maydis.

Bei der Gruppe der Mikroalgen besteht ein wachsendes Marktpotenzial sowie eine besonders hohe Konsumenten-Akzeptanz als Quelle gesundheitsfördernder Nahrungsmittel, nachhaltig erzeugter Futtermittel und Plattform-Chemikalien. Darüber hinaus können Mikroalgen zur effizienten Verringerung der anthropogenen CO2-, Nährstoff- und Schadstoff-Emissionen eingesetzt werden. Daher haben wir die phylogenetischen Klassifizierungen und spezifische Charakteristika kommerzialisierter Chlorellaceae Stämme untersucht. Darüber hinaus haben wir Techniken zur Permeabilisierung der Zellwand entwickelt, da diese eine physikalische Barriere darstellt, die die effektive Nutzung von Mikroalgen inklusive einer genetischen Modifikation und Optimierung im Sinne der synthetischen Biologie behindert. Wir haben dazu einen Ansatz der milden enzymatischen Behandlung etabliert. Potentielle Anwendungen sind etwa „Milking“, also die kontinuierliche nicht-destruktive Produkt-Extraktion aus Zellen und die molekulargenetische Manipulation. Somit haben wir einen neuen Ansatz zur Permeabilisierung von Mikroalgen aufgezeigt, der das Potenzial hat, als Schlüsseltechnologie und Katalysator für den wissenschaftlichen Fortschritt zur nachhaltigen Algenbiotechnologie, etwa zur Terpengewinnung, zu fungieren.

Abb. 3: Neuer Ansatz zur Permeabilisierung der Mikroalgen-Zellwand für die Forschung und Biotechnologie.
Abb. 4: Antiphytopathogene Aktivitäten von Terpenoiden.

Bioaktivitätsanalysen zeigten eine Reihe von Effekten von Terpenoiden gegen Pflanzenpathogene auf. Einige Verbindungen wiesen Aktivität gegen phytopathogene Pilze wie den Weissfäule-verursachenden Sclerotinia sclerotiorum. Ein Terpenoid reduzierte den Befall von Pflanzen mit dem parasitischen Nematoden Heterodera schachtii, der etwa die Raps- und Zuckerrüben-Kultivierung beeinträchtigt. Diese Verbindung wirkte dabei über das Anschalten des Pflanzen-eigenen Abwehrsystems. Unsere interdisziplinären Studien demonstrieren also, dass in der Fülle der Terpene nach wie vor dringend benötigte bioaktive Verbindungen zu entdecken sind, und das Potenzial zur Entwicklung neuer Pflanzenschutzmittel haben.

Unsere Arbeiten haben somit direkt einige wichtige Herausforderungen des Forschungsfeldes, nämlich die Produktions-Optimierung und das Bereitstellen diverser Verbindungen, adressiert. Letztgenanntes wird durch die funktionelle Expression verschiedener Terpensynthasen erreicht, die an dieser Stelle des Biosynthesewegs eine enorme Strukturdiversität erzeugen. Die dazu nötigen Expressions-Werkzeuge wurden etabliert und konnten genutzt werden, um die Vorstufen-Biosynthese gezielt anzupassen, was als essenzieller Faktor für den Erfolg identifiziert wurde. Grundsätzlich scheint die Entwicklung mehrerer Wirtsplattformen entscheidend für die Erschließung und Gewinnung des natürlicherweise weiten chemischen Strukturraums der Terpene.

Beteiligte Core Groups

Prof. Karl-Erich-Jaeger
Dr. Anita Loeschcke
Dr. Thomas Drepper
Robin Weihmann
Fabienne Hilgers
Institute of Molecular Enzyme Technology
HHU Düsseldorf

 

Prof. Michael Feldbrügge
Dr. Kerstin Schipper
Junho Lee
Peter Stoffels
Microbiology
HHU Düsseldorf

 

Prof.  Matias D. Zurbriggen
Nicole Heucken
Lisa Hüsemann
Synthetic Biology
HHU Düsseldorf

 

Prof. Jochen Büchs
Dr. Nina Ihling
Carl Brehl
Biochemical Engineering (AVT.BioVT)
RWTH Aachen University
 

Prof. Ulrich Schurr
Dr. Holger Klose
Dr. Diana Reinecke-Levi
IBG-2 - Plant Science
Forschungszentrum Jülich

 

Prof. Florian Grundler
Dr. Sylvia Schleker
Dr. Samer Habash
INRES – Molecular Phytomedicine
University of Bonn