Forschen • Ausbilden • Vernetzen
Für eine nachhaltige Bioökonomie

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Kombinatorische Synthese diverser bioaktiver Prodiginine

Zu den Pyrrol-Alkaloiden gehört die Familie der Prodiginine. Diese kommen in verschiedenen Bakterien vor, wo die kennzeichnenden Tripyrrol-Grundstrukturen mit variablen Substitutionen über einen modularen Biosyntheseweg gebildet werden. Die natürlich vorkommenden Strukturunterschiede von Prodigininen stehen bekanntermaßen in Zusammenhang mit einem weiten Spektrum verschiedener Bioaktivitäten wie cytostatischer und antibiotischer Aktivität. Die Prodiginin-Familie stellte somit einen reizvollen Startpunkt zur Produktion und Untersuchung natürlicher und Natur-inspirierter Verbindungen dar.

Daher haben wir die Prodiginin-Biosynthese in dem gut zugänglichen Bakterium Pseudomonas putida implementiert, das eine bemerkenswerte Toleranz gegenüber diesen für andere Spezies toxischen Verbindungen aufweist. Dazu wurden molekulargenetische Werkzeuge, die den Transfer biosynthetischer Gencluster und eine kombinatorische Genexpression ermöglichen, optimiert. Hierbei wurde festgestellt, dass die Genregionen, die für ribosomale RNA kodieren, als Integrationsstellen besonders geeignet sind für die Expression entsprechender Gencluster, sodass eine Produktion über 0,2 g/L erreicht werden konnte. Diese konnte durch neu entwickelte online-Messmethoden verfolgt und beispielsweise hinsichtlich der Kultivierungstemperatur optimiert werden.

Abb. 1: Biosynthetische Produktion von tripyrrolischen Prodigininen in Pseudomonas putida.

Auf dieser Basis haben wir eine Vielzahl neuer Prodiginine produziert, wobei die Modularität des Prodiginin-Biosynthesewegs ausgenutzt wurde: Zwei Vorstufensynthese-Module liefern eine Monopyrrol- und eine Bipyrrol-Vorstufe, die in einem Kondensations-Modul zum Tripyrrol-Grundgerüst verknüpft werden, das den Prodigininen eine typische rote Farbe verleiht. Diese Grundstruktur kann optional anschließend weiter derivatisiert werden. Dies ermöglichte das Erstellen eines effektiven Mutasynthese- und Semisynthese-Konzepts, nämlich das Einbringen extern zugegebener Vorstufen-Analoga, die mittels chemischer Synthese gewonnen wurden, in neue tripyrrolische Verbindungen und die Produktderivatisierung. Durch Engineering der Ligase konnten wir erfolgreich das Produktspektrum erweitern und schlussendlich über 40 unterschiedlich substituierte Prodiginine herstellen.

Abb. 2: Prodiginin-Derivatisierung.

Die Analyse der Bioaktivität zeigte eine Reihe von Effekten auf. Einige Prodiginine wiesen eine antibakterielle und kombinatorische Wirkung mit Biotensiden auf. Eines der Derivate zeigte anti-proliferative Aktivität durch Autophagie-Modulation und Induktion von Apoptose in Brustkrebs-Zellen. Darüber hinaus waren mehrere Prodiginine aktiv gegen Pflanzen-Pathogene. Im Speziellen inhibierten sie die Pilze Phoma lingam und Sclerotinia sclerotiorum, die Wurzelhals- und Stängelfäule bei Brassica Nutzpflanzen bzw. Weissfäule bei verschiedenen Wirtspflanzen wie Gemüsen, Raps und auch Zierpflanzen verursachen. Eine Reihe an Prodigininen reduzierte den Befall von Pflanzen mit Heterodera schachtii, einem parasitären Nematoden, der ernste Probleme etwa beim Anbau von Raps oder Zuckerrübe verursacht. Einige Prodiginine stimulierten sogar das Pflanzenwachstum. Unsere interdisziplinären Studien demonstrieren, wie ausgehend von einer bioaktiven Leitverbindung durch Strukturmodifikationen gewünschte Eigenschaften evolviert werden können, und liefern dabei neue Prodiginine, die das Potential zur Entwicklung neuartiger Pflanzenschutzmittel haben.

Abb. 3: Verschiedene wertvolle Prodiginin-Bioaktivitäten.

Unsere gemeinsamen Arbeiten haben somit direkt einige wichtige Herausforderungen des Forschungsfeldes adressiert. Diese sind die Identifizierung eines geeigneten mikrobiellen Chassis, das die effiziente Bildung eines gewünschten, anderweitig durchaus toxischen Produkts ermöglicht, sowie die effektive Derivatisierung chemischer Leitstrukturen. Die notwendigen synthetisch-biologischen Werkzeuge, die zur Adaption und Kombination von Biomodulen etabliert wurden, stellten hier den Schlüssel für die Anwendungen dar. Grundsätzlich scheint die effektive Kombination von synthetischer Biologie und Synthesechemie eine Synergie zur Weiterentwicklung des Forschungsfeldes zu bilden.

Beteiligte Core Group

Prof. Karl-Erich-Jaeger
Dr. Anita Loeschcke
Dr. Thomas Drepper
Robin Weihmann
Fabienne Hilgers
Institute of Molecular Enzyme Technology
HHU Düsseldorf

Prof. Jörg Pietruszka
Dr. Thomas Classen
Jan Gebauer
Hannah Brass
Bioorganic Chemistry
HHU Düsseldorf

Prof. Ulrich Schwaneberg
Dr. Anna Joelle Ruff
Stefanie Brands
Dr. Johannes Schiffels
ABBt – Biotechnology
RWTH University

 

Prof. Jochen Büchs
Dr. Nina Ihling
Carl Brehl
Biochemical Engineering (AVT.BioVT)
RWTH University

 

Prof. Florian Grundler
Dr. Sylvia Schleker
Dr. Samer Habash
INRES – Molecular Phytomedicine
University of Bonn