Forschen • Ausbilden • Vernetzen
Für eine nachhaltige Bioökonomie

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Für eine nachhaltige Bioökonomie

Bioökonomie-Modellregion Rheinisches Revier

Das Rheinische Revier befindet sich im strukturellen Wandel von einer stark auf Braunkohle ausgerichteten Wirtschaft zu einer nachhaltigeren Zukunft, der Bioökonomie. Mit diesem Wandel geht die Umgestaltung einer ganzen Region einher, die sich durch einzigartige Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen auszeichnet. Wie eine regionale Transformation dennoch gelingen kann, erforschen wir im Kompetenzplattform-Projekt Transform2Bio.

Der bundesweite Ausstieg aus dem Braunkohleabbau zur Energiegewinnung ist bis 2038 geplant. Damit einher geht ein Strukturwandel für die betroffenen Braunkohle-Regionen: Lausitzer, Mitteldeutsches, Helmstedter und Rheinisches Braunkohlerevier. Das größte Braunkohlerevier in Deutschland ist das Rheinische Revier in Nordrhein-Westfalen. Es umfasst aktuell drei Tagebaue: Garzweiler, Hambach und Inden. Dies bedeutet, dass für direkt (ca. 9.000) und indirekt (ca. 93.000) betroffene Arbeitsplätze neue Beschäftigungsmöglichkeiten zum Ausgleich geschaffen werden müssen. Zugleich ist durch den Strukturwandel auch die Entwicklung einer gemeinsamen Vision eines nachhaltigen Wirtschaftsmodells, das auf biologischen Ressourcen und Wissen aufbaut, angestrebt. Hierfür ist die Einbindung einer Vielzahl von relevanten Akteuren aus der Region notwendig.

Abb. 1: Die Grafik zeigt die große Bandbreite an Akteuren (Beispiele), die sich aktiv in den Transformationsprozess einbringen. Gemeinsam mit diesen Akteuren und in enger Kooperation mit dem BMBF-geförderten Projekt BioökonomieREVIER möchten wir verstehen und unterstützen, wie die Transformation hin zu einer nachhaltigen Bioökonomie gelingen kann. Quelle: Eigene Darstellung.
Abb. 2: Projektregion Rheinisches Revier: Anrainerkommunen (hellgrau) und umliegende Kreise (dunkelgrau), Quelle: BioökonomieREVIER.

Zum Rheinischen Revier gehören mehrere kommunale Gebietskörperschaften: Kreis Düren, Kreis Euskirchen, Kreis Heinsberg, Rhein-Erft-Kreis, Rhein-Kreis Neuss, die StädteRegion Aachen und die Stadt Mönchengladbach. Mit den umliegenden Metropolen (u.a. Köln, Bonn, Düsseldorf) ist die Region wirtschaftlich sehr stark vernetzt. Eine klare Abgrenzung des Rheinischen Reviers gegenüber den umliegenden Landkreisen und Städten ist somit nicht sinnvoll. Für die Analysen des Projekts betrachten wir die Projektregion daher nach dem Konzept der atmenden Grenzen: Je nach Untersuchungsgegenstand wird entweder die Kernregion (definiert über die Anrainerkommunen der Tagebaue), die erweiterte Projektregion (definiert über die oben genannten Landkreise) oder darüber hinausgehend eine komplette Wertschöpfungskette betrachtet.

Regionale Stärken für die Bioökonomie
Heutzutage ist das Rheinische Revier ökonomisch, ökologisch und gesellschaftlich auf vielfältige Art und Weise geprägt. Bedingt durch das günstige Klima und fruchtbare Böden spielt die landwirtschaftliche Produktion in weiten Teilen des Reviers eine große Rolle. Durch die unmittelbare Nähe zu den großen Ballungsräumen am Rhein und die bisherige günstige Bereitstellung von Energie hat sich viel (Groß-)Industrie angesiedelt. Insbesondere die chemische Industrie hat eine große Bedeutung – 30% der Kapazitäten Deutschlands für Kracken und Veredelung befinden sich in Nordrhein-Westfalen.

Im Rheinischen Revier selbst gibt es eine Vielzahl innovativer kleiner und mittelständiger Unternehmen (KMU). Hervorzuheben ist außerdem die starke Forschungslandschaft in der Region. Neben zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen gibt es auch mehrere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.

Daher analysieren wir in unserem Projekt, zusammen mit Verantwortlichen und Betroffenen aus dem Rheinischen Revier, welche biobasierten Wertschöpfungsketten sich für die Region besonders eignen. Durch die Großdemonstrationen zum Braunkohleausstieg, vor allem rund um den Hambacher Forst am Tagebau Hambach, hat die Region viel überregionale Aufmerksamkeit erhalten. Auch nach dem Beschluss der Bundesregierung zum Braunkohleausstieg gibt es ein dynamisches Engagement einer Vielzahl gesellschaftlicher Akteure und Interessensgruppen, die zur zukünftigen Gestaltung des Rheinischen Reviers aktiv beitragen möchten. Das Rheinische Revier ist daher wie kaum eine andere Region dafür geeignet, den regionalen Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigen Bioökonomie erfolgreich zu gestalten und die gesellschaftlichen Dynamiken zu beobachten und zu analysieren. Für diese Analyse führen wir zum einen selbst Workshops und Umfragen mit Akteuren durch und treten zum anderen während des offiziellen Beteiligungsprozesses für den Strukturwandel in den direkten Austausch mit den lokalen Akteuren.

Organisation des Strukturwandelprozesses
Die inhaltliche Grundlage für den Strukturwandelprozess und in diesem Rahmen zukünftig geförderte Projekte stellt das am 12.12.2019 veröffentlichte Wirtschafts- und Strukturprogramm (WSP) 1.0 dar. Dieses Programm wurde von der für die Projektförderung zuständigen Zukunftsagentur Rheinisches Revier formell beschlossen. Entstanden ist das Programm in einem Beteiligungsprozess, in dem Vertreter der regionalen Akteure sich schriftlich sowie in sogenannten Revierknotenkonferenzen einbringen konnten. Diese Konferenzen bilden jeweils einen der Themenbereiche (Revierknoten) der Zukunftsagentur und des WSP 1.0 ab. Die Bioökonomie ist dabei im Themenbereich „Agrobusiness und Ressource” eingeordnet. Zu der Revierknotenkonferenz „Agrobusiness und Ressource“ kamen im Oktober 2019 rund 170 Vertreter unter anderem aus Kommunalpolitik, Verbänden, der Landwirtschaft, Industrie sowie Forschungseinrichtungen zusammen, um inhaltliche Impulse zu setzen. Das hieraus entwickelte WSP 1.0 gibt als langfristige Vision unter anderem eine integrierte Bioökonomie vor, in der sowohl Lebensmittel als auch biologische Ressourcen und darauf basierende Produkte regional produziert werden und Teil eines möglichst geschlossenen Kreislaufs sind. Das WSP 1.0 wurde anschließend anhand von Stellungnahmen und Umfragen auf weiteren Revierknotenkonferenzen diskutiert und wird nun zu einer aktualisierten Version 1.1 entwickelt. Im Rahmen von Transform2Bio begleiten wir diesen Prozess wissenschaftlich.

Abb. 3: Die Grafik symbolisiert den Wandel von fossil- hin zu bio-basierten Wertschöpfungsketten. Als Rohstoffe kommen dafür vor allem Reststoffe aus der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie in Frage. Welches Potential an solchen Rohstoffen im Rheinischen Revier besteht, ist in einer Studie des BioökonomieREVIER-Projekts festgehalten.
BioökonomieREVIER

Beteiligte Core Groups

Prof. Dr. Jan Börner
ILR – Economics of Sustainable Land Use and Bioeconomy
Universität Bonn

Prof. Dr. Joachim von Braun
ZEF - Economic and Technological Change
Universität Bonn

Dr. Wilhelm Kuckshinrichs
IEK-STE – Systems Analysis and Technology Evaluation
Forschungszentrum Jülich

Prof. Dr. Ulrich Schurr
IBG-2 – Plant Sciences
Forschungszentrum Jülich