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Für eine nachhaltige Bioökonomie

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7. Internationales BioSC Symposium: "Bio-based solutions for a sustainable economy"

6.-7. November 2023 | LVR Landesmuseum, Bonn

Das Internationale BioSC Symposium, eine Plattform für den inter- und transdisziplinären Austausch für eine nachhaltige Bioökonomie, deckte auch in diesem Jahr wieder ein breites inhaltliches Spektrum ab. Rund 130 Teilnehmer aus Akademia und Industrie, Zivilgesellschaft und Politik diskutierten aktuelle Themen und Entwicklungen, von der Primärproduktion über die Entwicklung neuer Produkte und Konzepte bis hin zu Nachhaltigkeitsbewertung und gesellschaftlicher Transformation.Die Vorträge und Diskussionen wurden ergänzt von 39 Postern, von denen drei prämiert wurden.

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Ulrich Schurr (Forschungszentrum Jülich) begrüßte die Gäste, darunter auch Christian Paterman, den Begründer der wissensbasierten Bioökonomie in Europa. Andreas Stahl (Julius-Kühn-Institut, Quedlinburg) hielt die Keynote Lecture für den ersten Tag. Er ging zunächst auf die im European Green Deal und in der Farm2Fork-Strategie der EU formulierten Ziele für eine nachhaltige Pflanzenproduktion ein. Die Bedeutung genetischer Ressourcen für diese Ziele zeigte er an Beispielen aus der Pflanzenzüchtung zu effizienterer Stickstoff- und Wassernutzung, erhöhter Krankheits- und Schädlingsresistenz und zur Optimierung lokaler Kulturpflanzen, so genannter neglected crops.

In Session I “Challenges of sustainable primary production” beleuchtete Thomas Kastner (Senckenberg Biodiversity and Climate Research Centre, Frankfurt/Main) die ökologische Seite der Primärproduktion, insbesondere den globalen Biomassestoffwechsel einschließlich der Produktion und des Verbrauchs von Biomasseprodukten durch den Menschen, sowie die Verfügbarkeit von Land und die Auswirkungen von Landnutzungsänderungen. Jorge Sellare (Zentrum für Entwicklungsforschung, Universität Bonn) führte die beim UN Food System Summit 2021 verabschiedeten “Five action tracks” für nachhaltige Agri-Food-Systeme ein und erläuterte den Beitrag von Innovationen aus der Bioökonomie an den Beispielen von biologischen Pflanzenstärkungsmitteln, pflanzlichen Fleischersatzprodukten, nährstoffangereicherten Nahrungspflanzen und Biokraftstoffen. Nina Siebers (Forschungszentrum Jülich) präsentierte das BioSC-Projekt NewBIAS zur Verbesserung landwirtschaftlicher Böden mittels Biokohle. In dem Projekt wird die Herstellung von Biokohle aus gebrauchtem Miscanthus-Substrat aus dem Gartenbau etabliert und untersucht, wie damit Nährstoffe aus Gülle zurückgewonnen werden können und wie sich das Ausbringen der Biokohle auf Bodenqualität und Pflanzenwachstum auswirkt.

In Session II “Sufficient, healthy, eco-friendly – Meeting future food demands” erörterte Hans-Jürgen Danneel (TH Ostwestfalen-Lippe) die Perspektiven zur Gewinnung und Nutzung alternativer Proteine für Nahrungs- und Futtermittel. Er stellte eindrücklich dar, dass dafür genügend bislang ungenutztes pflanzliches Protein zur Verfügung steht, beispielsweise aus Nebenströmen der Öl-, Stärke- und Zuckerproduktion. Es müssen jedoch geeignete Extraktions- und Verarbeitungsprozesse und neue Wertschöpfungsketten etabliert werden. Katharina Miebach (RWTH Aachen) präsentierte das BioSC-Projekt NextVegOil, das zum Ziel hat, mittels mikrobieller Fermentation von Maisstroh einen Ersatz für Palmöl zu gewinnen. Das Fettsäureprofil des mikrobiellen Öls kann gezielt variiert und auf die jeweilige Anwendung zugeschnitten werden. Im Projekt soll ein Öl für vegane Milchersatzprodukte hergestellt und von einem industriellen Partner getestet werden. Kerstin Pasch (Deutsches Institut für Lebensmitteltechnologie, Standort Brüssel) stellte innovative Verfahren zur modularen und mobilen Verarbeitung von Obst und Gemüse vor, die in der regionalen Wertschöpfung erfolgreich angewendet werden. Sie wurden im Rahmen der EU-Projekte Fox und ZeroW entwickelt und boten Anknüpfungspunkte für Startup-Unternehmen, die vom DIL Innovation Hub unterstützt und beraten werden.

Nach dem Ausklang des ersten Tages mit einem Networking Dinner in den Räumlichkeiten des LVR Landesmuseums wurde der zweite Tag eröffnet von Sonja Brandt, MKW NRW, und Christian Feiler, MWIKE NRW. Beide würdigten in ihren Grußworten die Bedeutung des BioSC für die Bioökonomieforschung in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus.

Die Keynote Lecture für den zweiten Tag hielt Thomas Brück (TU München), Mitglied des Nationalen Bioökonomierats. Er berichtete über verschiedene Ansätze aus der synthetischen Biotechnologie, Chemikalien und Materialien aus CO2 herzustellen, basierend auf der Entwicklung von ölproduzierenden photoautotrophen und heterotrophen mikrobiellen Plattformorganismen. Diese ermöglichen die Produktion von Biokraftstoffen, Polymeren und Kohlenstofffasern auf CO2-Basis.

In Session III “Constructing, clothing, packaging – New bio-based materials” stellten Inga Wehmeyer und Thomas Baranowski (Ford Research & Advanced Engineering Europe) das abgeschlossene EU-Projekt Comp0live vor. Darin ging es um die Aufwertung von Schnittabfällen aus der Olivenölindustrie zu neuen biobasierten Verbundwerkstoffen, mit denen potenziell etwa 40 % des im Automobilbau verwendeten Polypropylens ersetzt werden könnten. Erste Prototypen wurden bereits von Ford getestet. Sascha Schriever (RWTH Aachen) stellte das BioSC-Projekt LignoTex vor, in dem eine Prozesskette zur Herstellung von Textilfasern aus Lignin entwickelt wird, von der Extraktion über das Spinnen von ligninbasierten Fasern bis zu den Anwendungsmöglichkeiten in Textilien und Verbundwerkstoffen sowie das Marktpotenzial. Markus Biesalski (TU Darmstadt) berichtete über neue Papiermaterialien, deren Eigenschaften durch funktionelle biogene Materialien wie Polysaccharide, Fettsäuren, Wachs und Schellack in gewünschter Weise angepasst werden können. Dabei wird das Recycling nicht beeinträchtigt und die biopolymeren Zusatzstoffe sind biologisch abbaubar.

Session IV “Teaming up with biology – Next-generation chemistry” wurde eröffnet von Gerd Unkelbach von UPM Biochemicals. Das Unternehmen baut in Leuna die weltweit erste großtechnische Bioraffinerie auf der Basis von nachhaltig gewonnenem Laubholz. Gerd Unkelbach beleuchtete die Produktion von holzbasierten Chemikalien aus verschiedenen Blickwinkeln, unter anderem die Nutzung der Ligninfraktion für die Herstellung eines erneuerbaren funktionellen Füllstoffs (RFF). Till Tiso (RWTH Aachen) präsentiert das BioSC-Projekt SurfIn und verdeutlichte das große Potenzial insbesondere neuer (Bio-)Tenside und den Bedarf an effizienten Bioprozessen. In dem Projekt wird ein Produktionsprozess für Serrawettin W1 und Liamocin etabliert, von der Entwicklung von Produktionsstämmen und Kultivierungsbedingungen bis zu der nachgeschalteten Verarbeitung und der Analyse der Technologieimplementierung und Marktintegration. Sandy Schmidt (Groningen Research Institute of Pharmacy) stellte das Projekt ConCO2rde vor, in dem die Fähigkeit von Mikroorganismen, auf CO2 als Kohlenstoffquelle zu wachsen, und die Kombination von Biokatalyse mit Photokatalyse genutzt werden, um das chemische Repertoire über das hinaus zu erweitern, was derzeit mit Enzymen möglich ist. Die Entwicklung von Chassis-Stämmen und Verfahrenstechnik soll die Wettbewerbsfähigkeit dieser autotrophen biotechnologischen Prozesse erhöhen.

In zwei Poster-Sessions wurden insgesamt 39 Poster zu Themen der Bioökonomieforschung präsentiert, von denen drei am Ende der Veranstaltung mit dem Poster Award ausgezeichnet wurden: Philipp Sowa (HHU Düsseldorf) mit “Valuable compounds from lupin plant resource side streams”, Andreas Schieder (Fraunhofer IGB, Straubing) mit “Chicken Feather Keratin – a Valuable Source for Polythiol Building Blocks” und Johanna Rütt (RWTH Aachen) mit “Using miscanthus and biochar as sustainable substrates in horticulture: An economic and environmental assessment of their primary and cascading values”. Die Preise wurden von den Jury-Mitgliedern Stephan Noack und Anika Wiese-Klinkenberg (Forschungszentrum Jülich) überreicht.

Mit den Closing Remarks beendete Markus Pauly (HHU Düsseldorf) eine erfolgreiche Veranstaltung mit vielen Gelegenheiten für Austausch und Vernetzung. Das nächste International BioSC Symposium soll 2024 stattfinden.

Fotos: Forschungszentrum Jülich